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Dr. Blessing Onoriode Boloje lehrte bis Ende dieses Wintersemesters Bachelor- wie auch Master-Studierende im Fachbereich Theologie im Rahmen einer DAAD geförderten Gastdozentur. Über seine bisherigen Erfahrungen berichtet er im Interview (englischer Originaltext weiter unten). Die Fragen stellte Sabrina Köhler, Mitarbeiterin im International Office.

Blessing, was war dein Beweggrund, an einer Hochschule in Deutschland zu lehren?

Zweifellos bietet die Lehrtätigkeit an einer Hochschule für einen Akademiker mehrere Anreize. Die Motivation für meine Bewerbung an einer Hochschule in Deutschland war im Wesentlichen mein Wunsch, in einer vielfältigen Gemeinschaft außerhalb meines gewohnten Umfelds unterrichten zu dürfen und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten zu suchen.

Was sind die größten Unterschiede zwischen der CVJM-Hochschule und den Universitäten, an denen du zuvor gelehrt hast?

Ich habe einen Großteil meiner akademischen Laufbahn als Dozent an einem theologischen Seminar verbracht, wo der Schwerpunkt auf der Entwicklung des geistlichen Potenzials und Kompetenz von Studierenden liegt. Der Lehrbereich ermöglicht es mir, den Studierenden zu helfen, sich ihrer selbst als christliche Amtsträger bewusster zu werden und so eine größere geistliche Sensibilität, Selbstvertrauen und Reife im christlichen Verkündigungsdienst innerhalb und außerhalb der Kirche zu entwickeln. Zwar bietet die CVJM-Hochschule die Möglichkeit zur theologischen Ausbildung, doch liegt ein Schwerpunkt der Ausbildung auf der sozialen Arbeit in interkulturellen Kontexten. Einerseits besteht das primäre Ziel der theologischen Ausbildung an meiner Heimathochschule darin, die Studierenden für den pastoralen und praktischen Dienst auszurüsten und ihr geistliches Potenzial und entsprechende Kompetenzen zu vertiefen. Die CVJM-Hochschule hingegen zielt darauf ab, die Studierenden mit religionspädagogischen und praxisorientierten interkulturellen Kompetenzen für die Soziale Arbeit und Religions- und Gemeindepädagogik auszustatten. Es wird deutlich, dass beide Einrichtungen praxisorientierte Bildungsangebote schaffen, die das Leben von Menschen und Gemeinschaften gestalten können. Dies kann als Grundlage für weitere Besuche und eine zukünftige Zusammenarbeit dienen.

Hast du festgestellt, dass du etwas an deinem Unterrichtsstil ändern und ihn an die deutschen Studierenden anpassen musstest?

Ja, in der Tat. Ich musste meinen Ansatz, Fragen zu stellen und dadurch eine engagierte Diskussion mit den Studierenden zu führen, ändern. Ich musste viel mehr reden und lehren, anstatt auf Reaktionen der Studierenden in Form von Fragen und Beiträgen einzugehen. Dies war im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass ich vor allem Englisch als Unterrichtssprache verwendete. Ich beobachtete, dass dies das Diskussionsniveau relativ stark beeinträchtigte, da die Studierenden an einigen Stellen etwas zurückhaltend waren, sich zu äußern.

Was sollte man in Deutschland über Nigeria und die Menschen dort wissen?

Trotz der negativen Darstellung in den Medien ist Nigeria offensichtlich die bevölkerungsreichste schwarzafrikanische Nation der Welt, mit einer Fülle an menschlichen Potenzialen und natürlichen Ressourcen, einer unvergleichlichen kulturellen Pracht und Vielfalt, dem wirtschaftlichen Herzschlag Afrikas und einem der wichtigsten religiösen Zentren der Welt. Auch wenn es angesichts der derzeitigen Arbeitslosigkeit nicht als Land der Möglichkeiten für seine jungen Menschen wahrgenommen wird, sind die Nigerianer hart arbeitende Menschen, die sich nach Möglichkeiten und einem Umfeld sehnen, in dem sie ihr Wachstumspotenzial in verschiedenen Bereichen entdecken, entwickeln und maximieren können. Sie sind ein glückliches Volk und wahrscheinlich das glücklichste Volk der Welt.

Was war dein bemerkenswertestes Erlebnis während deiner Gastdozentur?

Natürlich gab es viele Erlebnisse während meines Aufenthalts in Kassel. Sehr bemerkenswert sind jedoch die Erfahrungen des herzlichen Empfangs und der Gemeinschaft mit den Mitarbeitern, die gastfreundlichen Einladungen zum Mittag- und Abendessen von Kollegen, das bereichernde geistliche Leben und die Gottesdienste der Studierenden, die regelmäßige Teilnahme der Studierenden an meinen Vorlesungen, ihre Bereitschaft und Wissbegierde, und – ganz wichtig – mein Weihnachtsaufenthalt bei Stefan Jung und seiner christusähnlichen Gemeinschaft und Familie. Das muss wohl eines der Ideale des CVJM in Deutschland sein, denke ich?

Welche Erfahrungen nimmst du aus Kassel und deiner Zeit an der CVJM-Hochschule mit? Woran wirst du dich gerne erinnern?

Während ich sehr bemerkenswerte Erfahrungen meines Aufenthaltes an der CVJM-Hochschule hervorgehoben habe, liegen die wichtigsten Beweggründe meiner Gastdozentur in der Möglichkeit, meinen Bildungshorizont über die traditionellen Mauern meiner Heimathochschule hinaus zu erweitern, in der Erfahrung, afrikanische biblische und theologische Lehre für Studierende in einem anderen Kontext anzubieten, neue Lehrtechniken und gemeinschaftliches/teamorientiertes Lehren anzuwenden und Fernunterricht über das Klassenzimmer hinaus zu implementieren. Ich werde mich gerne und von ganzem Herzen an die Gastfreundschaft und herzliche Gemeinschaft erinnern. 

Was möchtest du der CVJM-Hochschule und den Studierenden der CVJM-Hochschule mit auf den Weg geben?

Ich bete und hoffe, dass die CVJM-Hochschule in ihrem kollektiven Bemühen, Bildung und Ausbildung für Menschen aller Kulturen anzubieten und die Grenzen der Integration von Menschen und der sozialen Solidarität der Gemeinschaft zu erweitern, stärker wird. Ich bete für ein tiefes spirituelles Erwachen der Studierenden, die an der CVJM-Hochschule ausgebildet werden, damit sie zu positiven Akteuren des gesellschaftlichen Wandels werden. Das Interesse der Studierenden an praktischer Theologie und ihre religiöse Hingabe lassen mich vermuten, dass die CVJM-Hochschule ein Zentrum für die Entwicklung einer neuen Generation an Theologinnen und Theologen für die Kirche in Deutschland sein könnte. Daher möchte ich die CVJM-Hochschule (Leitung, Mitarbeitende und Studierende) ermutigen, sich mit den theologischen Wurzeln der Nation zu befassen und sich zu bemühen, Studierende mit tiefen und profunden moralischen Bekenntnissen auszurüsten, die auf biblischen Werten beruhen, selbst in einem sich verändernden und herausfordernden moralischen Klima der Zeit. Darüber hinaus möchte ich die CVJM-Hochschule im Hinblick auf ihre interkulturellen Ziele ermutigen, Möglichkeiten für Studierende zu schaffen, Vorlesungen in englischer Sprache zu besuchen, um ihre interkulturellen Kompetenzen zu fördern.